GEro Körner
der mann hinter der musik

„Hollywood-Glanz mit ironisch verschmitztem Unterton“

Unser musikalischer Leiter im Interview zu "My Fair Lady"

Unser musikalischer Leiter Gero Körner hat im Vorfeld unserer letzten Sommerproduktion im Interview über „My Fair Lady“ gesprochen und erzählt, wie er die Melodien von „My Fair Lady“ mit Orchester und großem Chor auf der Bühne der Werfthalle zum Leben erwecken wird.
Körner ist Pianist, Komponist und Musikproduzent. Er hat sowohl als Musiker sowie als Musikalischer Leiter an über 40 Theaterproduktionen im deutschsprachigen Raum mitgewirkt.

 Das Musical „My Fair Lady“ wurde 1956 am New Yorker Broadway uraufgeführt und der Erfolg ist seitdem ungebrochen. Herr Körner, wie würden Sie die Musik des Stücks beschreiben?

Musikalisch würde ich das Stück eine Musical-Operette nennen. Es klingt einerseits wie ein Broadway-Musical mit dem typischen groß angelegten Orchesterklang, hat aber auch feine, eher klassisch anmutende Passagen. Manches erinnert auch an Hollywood-Filmmusik, immer mit Glanz und oft auch mit einen ironischen verschmitzten Unterton, der „My Fair Lady“ zu einem sehr amüsanten und emotional mitreissenden Stück macht.

Die Musik von „My Fair Lady“ stammt aus der Feder des gebürtigen Berliners Frederick Loewe, der später als Musicalkomponist in den USA große Erfolge feierte. Welche musikalischen und kompositorischen Elemente finden Sie an "My Fair Lady“ besonders reizvoll?

"My Fair Lady“ hat einige eingängige und bekannte Melodien, die mittlerweile zurecht zum allgemeinen Liedgut gehören, was bedeutet, dass sie jeder schonmal gehört hat. Dazu gehören zum Beispiel „Ich hätt’ getanzt heut’ Nacht“ oder „Weil ich weiß, in der Straße wohnst Du“, um nur zwei zu nennen. Das Stück ist ein Hit des Musical-Genres, nicht zuletzt auch wegen der sehr gelungenen Symbiose aus Text und Musik. Die Musik transportiert sehr detailliert die Geschichte und arbeitet nuanciert die vielen Aspekte der Texte heraus. Großartig finde ich vor allem, dass die Musik so eingängig ist und zugleich so liebevoll bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist, ohne unnötig komplex zu wirken. Frederik Loewe hat mit zusammen mit dem Librettisten Alan J. Lerner wirklich ein Meisterwerk geschaffen.

Bei den Staufer Festspielen wirkt, anders als im Original, ein großer Chor in der Produktion mit. Wie schlägt sich das in der musikalischen Gestaltung und der Arbeit des Orchesters nieder?

Da wir mit einer etwas kleineren Orchesterbesetzung spielen, als es die Original-Partitur vorgibt, habe ich die Orchesterfassung reduziert. Das heißt, ich habe einige Instrumenten-Stimmen so zusammenfaßt, daß keine musikalischen Details verlorengehen. Da wir mit einem großen Chor arbeiten, der stark besetzt ist, müssen wir mit dem Orchester dagegenhalten können um einen einen entsprechend satten Klang zu erzeugen, der auch bei den großen Chorstellen seine Wirkung voll entfalten kann. Ich werde daher nicht als Dirigent vor dem Orchester stehen, sondern die Leitung vom Flügel aus übernehmen. Als Pianist der mitspielt, kann ich auch viel unmittelbarer zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem Orchester musikalisch vermitteln. Das erfordert allerdings ein sehr aufmerksames und mit erfahrenen Musikern besetztes Orchester. Dies ist eine Herausforderung, vor allem bei diesem Stück, was musikalisch sehr organisch gestaltet ist. In den Proben arbeiten wir alle Details präzise aus und ich werde sie dann dem Orchester weitervermitteln.

Sie sind an der belgischen Grenze aufgewachsen und leben derzeit in Köln. Was führt sie zu den Staufer Festspielen?

Ich habe gemeinsam mit der Choreographin Marga Render vor einigen Jahren bereits in einer Inszenierung von „My Fair Lady“ zusammengearbeitet, daher kenne ich das Stück sehr gut. Marga hat mich deshalb als musikalischer Leiter für die Staufer Festspiele vorgeschlagen. Bei ersten Konzeptgesprächen mit dem Intendanten und Regisseur Alexander Warmbrunn stellte sich direkt heraus, dass wir die gleichen Vorstellungen und Visionen haben, sowohl auf künstlerischer Ebene als auch die Arbeitsweise betreffend. So haben wir schnell zueinander gefunden.

Sie kommen erst für die Endprobenphase im Sommer nach Göppingen und proben derzeit mit den Solist*innen auf Distanz. Der Chor trifft sich allerdings regelmäßig vor Ort in Göppingen. Was ist das Entscheidende bei dieser speziellen Probenarbeit?

Bei einer so großen Produktion ist es entscheidend, dass sich das Kreativ-Team und alle Gewerke künstlerisch und inhaltlich sehr gut abstimmen und eine gemeinsame künstlerische Vision entwickeln. Nur so können dann alle Gewerke zielgenau alle Details ausarbeiten. Gerade durch die Arbeit auf Distanz waren wir dazu gezwungen, den kreativen Entwurf schon sehr früh zu erstellen. Nun werden im zweiten Schritt alle organisatorischen, logistischen und handwerklichen Vorbereitungen getroffen. Vor Ort in Göppingen werde ich derzeit von unserem Chorleiter Ruben Spielmann unterstützt. Wir stimmen uns ab und er studiert alle Stücke mit dem Chor ein, sodass dieser zum Beginn der Endproben bereits komplett einstudiert und musikalisch vorbereitet ist. Ein Großteil der Arbeit ist also schon gemacht, wenn im August alle zusammenkommen und die Endproben beginnen.

Sie sind zum ersten Mal bei einer großen Produktion der Staufer Festspiele dabei. Wie haben Sie die Zusammenarbeit bisher erlebt?

Mich freut es sehr, bei den Staufer Festspielen dabei sein zu können, weil hier erfahrene Profis und engagierte Amateure gemeinsam intensiv zusammenarbeiten. Ich finde kulturelle Ereignisse immer dann ganz besonders spannend, wenn sie möglichst viele unterschiedliche Menschen einbinden und auch einen zwischenmenschlichen und sozialen Aspekt haben bzw. Raum für Begegnung bieten. Das heißt nicht, daß dadurch der künstlerische oder handwerkliche Anspruch leidet, ganz im Gegenteil. Gerade dadurch entsteht eine ganz eigene Dynamik und ein Miteinander, was auch das Publikum ganz anders mitreisst.